Erinnerungen an den Bau eines Förderstollen Dörnten

– Gr. Döhren 1922/25

Mit eigenen Aufnahmen

Von Aug. Lutter

Teil 2

Nachstehend soll nun noch kurz das Gesamtprofil des Stollen, beginnend von der Westseite her, erläutert werden. Eine genauere Untersuchung der einzelnen Schichten muß jedoch den Geologen überlassen bleiben.

Angesetzt wurde der Stollen im oberen Lias-Posidonienschiefer, welcher an seinen teils starken, teils schwachen Platten sowie Oelgeruch leicht zu erkennen war. Es folgten Dörntener Schiefer von einigen Metern Mächtigkeit, dessen Gestein aus bituminösen, kalkigen Material bestand. An Versteinerungen fanden sich Napoceras-Striatulum, Belemniten sowie zahlreiche Schalenreste (Fig. 20). Die hierauf folgenden Jurensenmergel waren sehr schwach vertreten. Als dann kamen die Tone des Mittleren Lias. Dieselben waren von dunkelgrauer Farbe und teilweise sehr dickbankig, durchsetzt mit Toneisengeoden. Amaltheus Spinatus und Belemniten traten sehr zahlreich auf, jedoch meistens in zerbrochenen Zustande (Fig. 21). Eingelagert in diesen Tonen fand sich eine kalkige, ca. 3 m mächtige Bank der Capricornu-Kalke von graugrüner Farbe. Vereinzelt fand sich Aegoceras capricornu, häufiger dagegen Belemniten und Schalenreste von Muscheln. Hieran schlossen sich die Liasschichten mit Amaltheus Margaritatus, welche ebenfalls eine dunkelgraue Farbe zeigten und mit zahlreichen Toneisengeoden durchsetzt waren (Fig. 22). Hiermit war die Liasformation des Westflügels von 110,0 m Gesamtmächtigkeit durchfahren. Die Streichrichtung der Schichten betrug ca. 330° bei einem westl. Einfallen von etwa 45-50°.

Als nächste Formation erschlossen wir den Keuper und zwar den Mittleren- oder Gips-Keuper sowie den Oberen Keuper. Im Gipskeuper trat noch Muschelkalk auf. Der Gipskeuper, welcher hauptsächlich aus roten und graublauen Tonen besteht, ist stark durchsetzt mit Gipsschnüren. Zuweilen zeigen sich diese Schnüre als ziemlich starke Bänke oder als kleine und große Knollen. Als Einlagerung des Gipskeupers zeigten sich Schilfsandsteine sowie Steinmergelbänke. Hier sei besonders bemerkt, dass nach Geheimrat Schroeder dort, wo der Mittlere Lias aufhört und der Gipskeuper aufsetzt, die sogen. Sattelachse liegen soll.

Nachdem 42 m Gipskeuper durchfahren war, wurde dieser von Oberen Muschelkalk-Nodosenschichten unterbrochen. Anfangs fiel dieser Kalk mit 75° nach Westen ein, wogegen derselbe am Ende ein östl. Einfallen von 89° aufwies. Streichrichtung ca. 329°. Die Farbe des Kalkes war grauweiß; die Schichtung eine plattenförmige, dessen Stärke von 5-25 cm schwankte. An Versteinerungen wurde ein Ammonit Ceratites Nodosus gefunden (Fig. 23). Auch hat Geheimrat Schroeder den gleichen Ammoniten bei seiner letzten Befahrung der Grube Georg Friedrich am 8.6.1923 an der Halde unweit des Sturzgerüstes Dörnten gefunden, welcher die Richtigkeit dieser Schichten bestätigte.

Wir durchfuhren den Gipskeuper weiter, dessen Schichten ein Streichen von 320°-360° einnahmen. Durch Gebirgsstörungen sind dieselben anfangs horizontal gelagert, welche sich dann wieder bis zu fast 90° aufrichten. Das Einfallen ist mit wenigen Ausnahmen immer östlich. Erst später zeigte sich ein regelmäßiges Einfallen von 52-75° östlich.

Es wurden aufgeschlossen:

14,0 m rote und blaue Tone

33,0 m graue Tone mit Steinmergelbänken

12,0 m graue Tone mit Kalkplatten

2,0 m Muschelkalk (Trochitenkalk)

11,0 m graue Tone mit Kalkplatten

0,6 m rote Tone

0,2 m graue Tone

13,0 m horizontalgelagerte graublaue Tone mit grauen Sandsteinbänken, welche verkohlte Pflanzenreste führten.

9,5 m Schilfsandstein

17,0 m blaue Tone mit roten Anflug u. Gipsknollen

48,0 m blaue Tone mit Gipsschnüren

4,0 m graue Tone mit Gipseinlagerungen

1,0 m Schwarze Tone mit Harnischen

10,0 m rote Tone mit Gipschnüren

6,0 m graue Tone mit Gipsschnüren

8,0 m graue Tone mit Gipsbänke bis zu 1 m stark

4,5 m graue Tone mit durchsetzten Gips

4,5 m graue Tone mit grauen, feinen Sandstein

8,0 m graue Tone

21,0 m rötliche Sandsteine, vermischt mit roten Ton.

5,0 m blaue. Tone

5,0 m rötliche Sandsteine, vermischt mit roten Tonen

2,0 m roter Ton

11,0 m rote und graue Tone, durchsetzt mit Gips

0,3 m graue Steinmergel

15,0 m hellgrüne Tone mit Steinmergel

Hier schließt der Gipskeuper ab, dessen Gesamtmächtigkeit 395,0 m beträgt. Wir erreichten nun den Oberen Keuper, wo der Gips zurück trat und an dessen Stelle sich Sandsteinbänke zeigten. Die Durchstreichung sowie das Einfallen dieser Schichten ist ähnlich wie beim Gipskeuper. Es folgten:

55,0 m graue Tone mit einer Sandsteinbank

23,0 m graue Tone mit hellgrauen Sandsteinbänken von 1-3 m Mächtigkeit.

5,0 m grauer sandiger Ton

0,3 m graublaue zerriebene Tone

5,0 m dunkelblaue Tone

0,3 m graublaue, zerriebene Tone

33,0 m graue Tone mit 0,1 m mächtigen grauweißen Sandsteinbänken

1,0 m graue Kalksandsteinbank

22,0 m graublaue Tone mit 0,2-1,0 m mächtigen grauweißen Sandsteinbänken

2,0 m graublaue, sandige Kalke

Es schließt hier der Obere Keuper ab, dessen Gesamtmächtigkeit 150m beträgt. Mit dem Auftreten von dunkelgrauen Tonen, in welchen sich viele Ammoniten und Gryphäen zeigten (Fig. 24), gelangten wir wieder in Jura und zwar in den unteren Lias des Ostflügels. Auch diese Schichten zeigen ein ähnliches Streichen und Einfallen, wie die Keuperschichten. Aufgeschlossen wurden:

22,0 m dunkelgraue Tone

0,75 m dunkel Kalksandsteine

9,0 m blaugraue Tone-Tutenmergel (Fig. 25)

0,6 m dunkelgraue Kalksandsteine

3,0 m blaue Tone

0,5 m gestreifte graublaue Tone

0,6 m dunkelgraue Kalksandsteine

44,0 m blaue Tone mit Toneisengeoden

0,25 m grauweiße Kalke mit eingesprengten Ton

2,0 m blaue Tone mit Ammoniten (Fig. 26)

0,15 m grauweiße Kalke mit eingesprengten Ton.

Hier verlassen wir den Unteren Lias, dessen Gesamtmächtigkeit 86,0 m beträgt. Wir erschlossen anschließend den Mittleren Lias, welcher sich scharf durch das Auftreten des Ammoniten Amaltheus Margaritatus (Fig. 27)  kennzeichnete.

Nachdem in diesen Tonen 9,0 m aufgefahren waren, zeigten sich auch hier die Capricornu-Kalke von gelbbrauner Farbe. Die Mächtigkeit dieser Kalkbank betrug nur 0,5 m. Im Gegensatz zu den Kalken des Westflügels traten in dieser Schicht sehr viele Ammoniten Aegocerae capricornu (Fig. 28) sowie viele Belemniten u. Muscheln auf. Auch hier ist das Streichen und Einfallen ähnlich den vorhergehenden Schichten. Es wurden im Mittleren Lias weiter aufgefahren:

20,0 m blaugraue Tone mit Toneisengeoden und Amaltheus Margaritatus

22,0 m blaugraue Tone mit Amaltheus Spinatus (Fig. 29)

Auch kamen in diesen Schichten verkohlte Pflanzenreste vor (Fig. 30)

31,0 m blaugraue Tone mit Toneisengeoden; vereinzelt noch Amaltheus Spinatus

0,2 m zusammengepreßte Tutenmergel

8,7 m graublaue Tone mit Muscheln und Pekten

10,0 m graublaue Tone- gebänderte Struktur

Der Mittleren Lias ist hier in einer Gesamtmächtigkeit von 111,0 m durchfahren.

Wir erreichten jetzt den Oberen Lias Posidonienschiefer. Dieselben sind dunkle, bituminöse Mergelschiefer, abwechselnd dick- u. dünnschiefrig geschichtet. Außer Kalkgeoden kommen noch sehr plattgedrückte Ammoniten der Narpoceras-Klasse sowie Juraceramus Dubius vor.

Am 17.11.1924 wurden wir hier durch einen vierten Wassereinbruch von ca. 1/2 cbm pro Minute überrascht, der aber bald bewältigt wurde (4. Wassereinbruch s. Teil 1). Das östliche Einfallen dieser Schichten beträgt 70-73 °; die Mächtigkeit 37,0 m.

Anschließend zeigte sich Dörntener Schiefer, welcher dem Posidonienschiefer ähnelte. Auffallend groß sind die hier auftretenden Geoden, die oftmals Ammoniten Dörntener enthalten. Auch in den Schiefern selbst kommen Ammoniten der Narpoceras Striatulum-Klasse vor. Der nun folgende Jurensenmergel war sehr gering, Ammoniten und Belemniten fanden sich auch hier sehr zahlreich. Die Mächtigkeit des Dörntener Schiefer betrug 4,0 m; die der Jurensenmergel ebenfalls 4,0 m. Das östliche Einfallen zeigte 70°  (Fig. 31).

Wir verlassen nun den Jura und gelangen in die Untere Kreide. Am 17.12.1924 wurde das Erzlager im Ostflügel als erstes Glied der Kreide angeschossen. Die Erze sind feinkörniger als die von Georg Friedrich, gleichen also sehr denen von der Grube Hannoversche Treue. Die Korngröße der einzelnen Oolithe wechselt von 1/2 - 10 mm. Das Bindemittel ist sandiger Ton. An Versteinerungen wurden einige Belemniten gefunden. Die Mächtigkeit des Lagers beträgt an dieser Stelle 21,5 m, wovon die ersten 3,0 m Erze führen, dagegen die folgenden 18,5 m Sand. Die Streichrichtung ist 350°. Das Einfallen 50–55° östlich. Im Verlauf der Streichrichtung dieses Lagers nach Süden erreicht dasselbe eine ziemliche erzführende Mächtigkeit, welche bereits durch frühere Bohrungen festgestellt ist.

Nachdem nun das Erzlager durchfahren, folgten 3,0 m dunkle Tone welche dem Gault angehören (Ammonit Fig. 32). Dann legte sich ein 0,25 m mächtiges Phosphoritlager an, auf dem dann der Hilssandstein in einer Mächtigkeit von 6,0 m folgte. Als letzte Schicht bis zum Flammenmergel zeigte sich der Minimuston, welcher eine Mächtigkeit von 25,0 m aufwies. Hell- und dunkelgraue Tone wechselten miteinander ab. Neue Wasserzuflüsse zeigten sich hier in großer Menge. Im Liegenden dieser Tone zeigten sich öfters schlecht erhaltene Ammoniten sowie Pleuro Domaria. Erst weiter hinauf im Hangenden traten Ammoniten der Hoplitesgruppe wie z.B. Hoplites Tuberculatus und Hoplites Noricus auf.

Als nächste Schicht erschlossen wir den Flammenmergel. Dieselben sind feinsandige Mergel von graublauer Farbe und besitzen eine ziemliche Festigkeit. Die Stärke der einzelnen Platten schwankt zwischen 5-80 cm. Als leichtes Erkennungsmittel für den Flammenmergel zeigt sich in den Mergeln der fein verteilte Sand als Schlieren oder Flammen. Infolge seiner Widerstandsfähigkeit wurden diese Mergel oft zur Wegebeschotterung benutzt. An Versteinerungen wurden kleine Muscheln - Aucellina gefunden. Die Mächtigkeit beträgt 42,0 m Streichrichtung ca. 350°  bei einem östlichen Einfallen von 61°.

Hier schließt die untere Kreide ab und wir treten mit dem Aufschließen des Cenoman in die Obere Kreide. Nachdem 15,0 m weiße, sehr milde Kalke, welche den Schichten der sogen. Arme Rhotomagensis angehören, durchfahren waren, kamen wir in die Schichten Cenoman. Diese Kalkhaltigen Mergel sind ziemlich milde und zerfallen an der Luft sehr bald. Ihre Mächtigkeit beträgt 50,0 m bei einem Einfallen von 60° östlich sowie einer Streichrichtung von ca. 350°. An Versteinerungen wurde der Ammonit Schlönbachia Varians (Fig. 33) gefunden sowie eine Terebratula. Es folgten nun die einzelnen Schichten des Turon-Plänerkalke, dessen Gesamtmächtigkeit ca. 230,0 m beträgt. Als erstes Schichtenglied zeigte sich der Rot- oder Labiatuspläner in einer Mächtigkeit von 28,0 m. Die einzelnen Platten erreichten eine Stärke von 0,1 - 0,6 m. Ihre Farbe ist hell- bis blaurot. Mergeleinlagerungen traten selten auf. An Versteinerungen zeigten sich hauptsächlich Inoceramen (Fig. 34).

Desweiteren folgten die Bromgniartipläner, Farbe weißgrau. Die Stärke der einzelnen Platten beträgt 0,1–0,5 m. An Versteinerungen fanden sich ebenfalls hauptsächlich Inoceramen (Fig. 35). Die Mächtigkeit beträgt 60,0 m.

Als nächst höhere Schicht erschlossen wir die Scaphitenpläner. Diese Kalke haben ebenfalls eine hellgraue Farbe. Die Plattenstärke beträgt 0,1 - 0,2 m. Ab und zu werden diese Kalke von zähen, fetten Toneinlagerungen von geringer Mächtigkeit durchsetzt. An Versteinerungen fanden sich Inoceramen und Spongien (Fig. 36). Die Mächtigkeit betrug 60,0 m.

Als jüngste Schicht des Turon fanden wir die Cuvceripläner vor. Die einzelnen Lagen sind sehr oft dickbankig und von hellgrauer Farbe. An der Luft, besonders den Winter über, zerfallen diese Kalke sehr leicht. An Versteinerungen kamen Inoceramen und Seeigel vor (Fig. 37 a u. b). Die Mächtigkeit beträgt 90,0 m. Das Einfallen schwankt zwischen 61 – 68° ; Streichrichtung 350 °.

Wir erhalten nun die Emscher Mergel, in dessen Schichten der Stollen von Gr.-Döhren aus angesetzt wurde. Hier zeigen sich blaugraue, sehr dickbankige Mergel von teilweise 10 m Mächtigkeit. Im feuchten Zustande fühlen sich diese Mergel sehr fettig an. Wir durchfahren dieselben auf eine Länge von 190,0 m an. Einfallen 68° östlich, bei einer Streichrichtung von 350°. An Versteinerungen wurde ein größerer Ammonit gefunden und der Geologischen Landesanstalt Berlin übergeben.

Hiermit schließt die Erläuterung der geologischen Aufschlüsse. Alles in Betracht gezogen, ist die Herstellung des Stollen doch immerhin als ein besonderes Ereignis zu betrachten.

So stellt denn der Stollen sowie die Anschlußbahn Calbecht – Döhren einen weiteren wertvollen und nutzbringenden Bestandteil der Ilseder Hütte dar.

Möge der Wunsch bald in Erfüllung gehen, daß diese neuen Anlagen zum Wohle und Segen der Ilseder Hütte sowie ihrer Beamten u. Arbeiterschaft in Betrieb genommen werden kann.


Dörnten, im März 1925.

 

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