Benzollokomotiven
Der Vorteil der Verbrennungsmotoren gegenüber der in anderen Tagebauen oft eingesetzten Dampftraktion lag in ihrer fast sofortigen Betriebsbereitschaft. Während eine Dampflok über Stunden angeheizt werden und darüber hinaus mit Kohle und Wasser beladen werden mußte, wurde die Benzollok mit Wasser und Treibstoff betankt, angekurbelt - und fertig. Leider ist nicht klar, wann die Ilseder Hütte die ersten Benzollokomotiven für ihre Bergbaubetriebe beschaffte. Die beim Bergamt vorhandenen Unterlagen sind spärlich. Die Lieferliste von Deutz vermerkt nur zwei Lieferungen an die Bergbaubetriebe der Ilseder Hütte - Fabr.-Nr. 941/1912 und 1465/1914, beide vom Typ CXIV aF mit 780 mm Spurweite. Da wir aber über einige Fotografien verfügen, ist eine Verwendung einwandfrei belegt. Das Einsatzgebiet dieser Lokomotiven waren die Tagebaubetriebe und damit der Erz- und Abraumtransport. Im Bild oben verkehrt eine solche Lokomotive mit einem Abraumzug aus hölzernen Kastenkippern im Tagebau Fastberg-Barley. Die Beladung erfolgte hier durch den im Hintergrund arbeitenden Dampfbagger. Der Zug steht in einer Ausweiche, in der sich Voll- und Leerzüge bei der Fahrt zur Ladestelle begegnen konnten. Rechts unterhalb sieht man das anstehende Erzlager. Die Lokomotive selbst zeigt einige Besonderheiten. Da wäre zum Beispiel der dampfende Schornstein. Deswegen ist es aber keine Dampflokomotive. Die Verbrennungsmotoren dieser Zeit hatten in der Regel eine Verdampfungskühlung anstelle eines Kühlerradiators. Dafür war auf dem Motor ein offener Wassertank montiert, der die Motorabwärme einfach über Dampf und Dunst abgab. Um das mit der Dampftraktion vertraute Personal nicht durch fortwährende technische Neuentwicklungen zu verunsichern, baute man gelegentlich die Verdampfungskühlung in Form und Aussehen ähnlich einer Feldbahndampflok. Daneben fällt das Fahrwerk mit drei Achsen auf. Gute Traktionseigenschaften bei geringem Achsdruck stehen hier einer schlechten Kurvengängigkeit entgegen, wobei doch ein Vorteil von Schmalspurbahnen ausgerechnet die Möglichkeit zum Bau engerer Kurven war. Dem Dilemma begegnete man bei dieser Loktype durch Weglassen des Spurkranzes am mittleren Radsatz. |
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Wenn auch die Unterlagen spärlich sind, so wissen wir, daß die Ilseder Hütte im Jahr 1921 eine der Benzollokomotiven von Georg-Friedrich an die von ihr betriebene Knollengrube nach Bad Lauterberg abgab. Umgespurt auf 750 mm übernahm sie dort den Verschub der Erzwagen auf dem Anschlußgleis zur Schmalspurbahn der Deutschen Barytindustrie (Bergwerke Wolkenhügel, Hoher Trost). In den Unterlagen des Bergamts werden die Kenndaten der Maschine gelistet:
Fabrikat:Deutz |
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Von 1923 bis 1925 setzte die Ilseder Hütte
eine Benzollokomotive bei der Auffahrung des Schroederstollens
ein. Wieder können wir auf den Bericht von Obersteiger Lutter
zurückgreifen, für den er diese Maschine im Einschnitt vor dem
Stollenportal fotografieren ließ. Ihre Aufgabe war der Transport
von Haufwerk und Ausbaumaterial von der mundlochseitigen
Auffahrung zum Bahnhof und auf die Halde. Der Abgasbelastung
begegnete man mit einer links im Stollen aufgehängten
Sonderbewetterung aus verzinkten Blechlutten. Diese Bewetterung
war ausgehend vom Stollenmundloch wahrscheinlich einfacher
aufzubauen als vom Glockenberg-Schacht, weswegen im
schachtseitigen Vortrieb die Siemens-Akkulok im Einsatz war.
Ansonsten wurde noch die Höhe der Lok durch ein niedriges
Führerhaus dem Stollen angepaßt. Das Benzol heute als krebserregend eingestuft wird, davon ahnte man damals nichts. Von Erkrankungen der Lokfahrer ist uns nichts überliefert. Ein Problem war damals eher die Brandgefahr, die bei Benzolmotoren durch die mehr oder minder offene Verdampfung des Treibstoffs durch Brauseköpfe vor dem Zylinder deutlich höher war als bei den später entwickelten Dieselmotoren. |