Mehr Geschichte als man denkt - die frühen Jahre

Die Verarbeitung von Eisenerz hat bei uns eine lange Geschichte. Archäologen haben bei Ausgrabungen mehrere Schmelzplätze nachweisen können, die auf 300 n.Chr. datiert werden. Neben den verschiedenartigen Eisenerzen (basisch, sauer und Raseneisenerz) bildete der bewaldete Höhenzug eine reiche Resource für die Holzkohleproduktion. Daneben verstanden sich  die Schmelzer auf das Mischen der Erzsorten und stellten daraus brauchbare schmiedbare Eisenluppen her. Die Holzkohleerzeugung gibt dann auch im Jahr 1311 den ersten urkundlichen Hinweis auf Erzverhüttung, als 38 "Hutten" die damit verbundene Steuer schuldig geblieben waren. Über die Menschen dieser Zeit ist nichts bekannt; allerdings geht man dabei von Bauern aus, welche die Schmelzreisen nur sporadisch im Nebenerwerb betrieben haben. Die Region aber gehörte der Kirche. So kam es, daß ab 1682 der Fürstbischof von Brabeck, ein Sauerländer, der sich massiv für den Ausbau der Montanwirtschaft einsetzte, am Ufer der Innerste eine Eisenhütte unter dem Namen "Kunigunde" gründete. Dort gab es Wasser, dort gab es Eisenerz, aber inzwischen nicht mehr genügend Holzkohle. Die gab es im benachbarten Harz, der aber zu Braunschweig und Hannover gehörte Mit denen man nicht unbedingt Freundschaften pflegte. Als auch dort die Holzkohle knapp wurde, bedeutete dies das vorläufige Aus für das Werk an der Innerste. 100 Jahre später aber brauchte die aufstrebende Montanindustrie des Harzes Eisen. Und nun transportierte man unser Erz mit Pferdefuhrwerken zu den Eisenhütten nach Altenau, Bornum und Gittelde. Kein Silber ohne Stahl.

Neuer Anfang - die Ilseder Hütte tritt auf den Plan

Nach erfolglosen Versuchen kleiner Unternehmer und einer schweren wirtschaftlichen Krise übernahm 1877 die Ilseder Hütte den Betrieb der Grube Georg-Friedrich. Die Ilseder betrieben bereits Eisenerzbergwerke um Lengede sowie Hüttenbetriebe in Ilsede und Peine. Man benötigte das sauere Salzgittererz als Zuschlagsstoff für die basischen Lengeder Erze und war froh, dieses sozusagen vor dem eigenen Hochofen gefunden zu haben. Um die Produktion des Bergwerks zu steigern, erschloß man neue Tagebaue und baute eine schmalspurige Erztransportbahn zum Staatsbahnhof Dörnten. Im Jahr 1910 begann mit dem 60 m tiefen Glockenbergschacht der Übergang zum Tiefbaubetrieb. Zeitgleich wurde die gesamte Anlage elektrifiziert, wozu man in den Tagesanlagen ein Kesselhaus und eine Dampfmaschine etablierte. Aber der wachsende Tiefbaubetrieb litt unter hohen Kosten. Neben der notwendigen Wasserhaltung durch Pumpen fielen besonders die Transportkosten mit der Bahn ins Gewicht. Die Staatsbahn fuhr das Erz von Dörnten über Ringelheim, Börssum und Braunschweig nach Broistedt. Um diesen Zustand zu ändern, plante man den Bau eines Tunnels, ausgehend von der 60 m Sohle des Schachtes zu einem Rangierbahnhof bei Döhren. Von dort sollten schmalspurige Züge das Erz über 14 km Länge nach Salzgitter-Calbecht fahren. Da übernahm dann die normalspurige Werksbahn der Peiner den weiteren Transport via Lengede nach Ilsede. Dieses Projekt wurde im Jahr 1925 abgeschlossen und war der Ursprung des Schroederstollens und seiner Erzbahn. In den folgenden Jahren florierte der Betrieb. Zeitweise 220 Menschen waren mit der Produktion von bis zu 2.000 t Erz/Tag beschäftigt, ganz zu schweigen von den Arbeitern, die daraus in Peine und Ilsede die berühmten Peiner Träger herstellten. Die Arbeit war hart, wurde aber deutlich besser bezahlt als es Landwirte und Zuckerfabriken wollten.

Die sechziger Jahre - deutscher Eisenerzbergbau in der Krise

Stahlerzeugung aber steht in einem Spannungsfeld zwischen maximalem Gewinn und niedrigen Preisen. Als gegen Ende der 50er Jahre die Erzimporte nach Deutschland immer stärker steigen, fallen auch die Marktpreise für Eisenerz. Tiefgreifende Rationalisierungsbemühungen waren die erste Antwort. Als dann in den 60er Jahren viele Betriebe nicht einmal mehr ihre Kosten decken konnten, folgte eine beispiellose Schliessungswelle. Am 2. April 1968 verließ der letzte Erzzug den Schroederstollen. Die Ilseder Hütte fusionierte 1970 mit der Salzgitter AG, welche am 30. Juni 1982 ihr letztes Bergwerk stilllegte Die Schächte wurden verfüllt, Gebäude und Bahnanlagen abgerissen. Der ehemalige Werksgeologe der Ilseder Hütte versucht noch, den Schroederstollen in ein Lehr - und Forschungsbergwerk umzuwandeln - umsonst. Der Eingang zum Stollen, zu einem der wenigen großen Stollenbauwerke der Region, wurde mit Abraum und Müll verfüllt, die Grube Georg-Friedrich stand nun unter Wasser. Bis heute gibt es kein Besucherzentrum, daß die reiche Geschichtes des ehemaligen Erzbergbaus im Salzgitter-Höhenzug aufbereitet und präsentiert.

Über die Geschichte unseres Bergwerks könnte ich noch deutlich ausführlichere Berichte schreiben, aber hier soll es reichen. Einige Daten sollen hier noch bemerkt werden:

21.11.1930: Der Maschinenbetrieb Georg-Friedrich übernimmt alle Bohrhämmer, Bohrer, Glockenisolatoren, Drahtseile und Zündschnüre vom stillgelegten Untersuchungsbergwerk Roter Bär in Sankt Andreasberg. In Andreasberg hatte die Ilseder Hütte damals staatlich geförderte Untersuchungsarbeiten auf Eisenerze durchgeführt. Heute ist diese Anlage ebenfalls ein Besucherbergwerk. Der Verfasser dieses Artikels hat im Aufwältigungsbetrieb dort während seiner Clausthaler Studienzeit sein Handwerk gelernt und das Betriebskonzept mit entwickelt. Ein Besuch sei empfohlen.

07.04.1945: In einer Sprengstoffkammer des Eisenkuhlenstollens wird durch einen Assistenten Wernher von Brauns ein Großteil der Planunterlagen zur Entwicklung der Peenemünder Raketentechnologie eingelagert, welche wenig später von amerikanischen Truppeneinheiten abgefahren werden und die Grundlage des amerikanischen Raketenprogramms bilden. Sie bildeten aber vorher die Grundlage für die V1- und V2-Waffenproduktion des deutschen Reichs und damit auch für den Betrieb von Produktionsanlagen wie dem Mittelbau Dora in Nordhausen. Geschichte ist ambivalent.

30.03.2006: Erster Arbeitseinsatz der Arbeitsgemeinschaft Schroederstollen zur Freilegung des Schroederstollens. Wir sind Geschichte.


Eisenerzbergwerk Georg-Friedrich (ab 1950 Bergwerk Dörnten) zwischen Dörnten und Groß-Döhren

Tagesschächte: Glockenbergschacht (60 m) und Tagesschacht (215 m)
Tagebaue: Fastberg, Barley, Glockenberg, Eisenkuhle I und Eisenkuhle II
Stollen: Nordstollen, Eisenkuhlenstollen (südliche Stollensohle), Sühlbachstollen und Schroederstollen
Tiefbausohlen: 60 m, 120 m und 180 m
Gesamtproduktion: 14 Mio. t Eisenerz
Noch vorhandene Erze: 15 Mio. t
Abbauverfahren im Tagebau: Strossenbau, Trichterbau
Abbauverfahren im Tiefbau: Kammerbau mit Spülversatz, Scheibenbruchbau, Weitungsbruchbau, Blockbruchbau

Schroederstollen

Aufgefahren von 1923 bis 1925 im Gegenortbetrieb
Lage Mundloch: 169,7 m NN
Länge Mundloch - Hauptschacht: 2206 m
Teufe am Hauptschacht: 60 m
Querschnitt: 3,3 m x 2,5 m
Wasserableitung zu Betriebszeiten witterungsabhängig zwischen 5000 bis 50000 m³ pro Monat
Flügelörter: Ohleistrecke, Eisenkuhle und Fastberg/Barley